Punkt Cicero 5/1992 Verstehen Sie Farbe? Farbenlehre Seite 15
Einen völlig anderen Weg verfolgt man am Media Lab des Massachusetts lnstitute of Technology. Hier geht man von dem einleuchtenden Grundsatz aus, daß Farbwahrnehmung darauf beruht, wie eine Farbe aussieht, nicht aber darauf, woraus sie gemacht wird. Hier hat man die Arbeiten des Küstlers Munsell aufgegriffen, der um 1915 in umfangreichen Versuchen verschiedene Personen vorbereitete Farbschnipsel nach ihren Empfindungen anordnen ließ. Er erhielt so einen "Farbenbaum", der aus einzelnen "Blättern" besteht. Jedes Blatt entspricht einer Farbart, deren verschiedene Sättigungs- und Helligkeits-Abstufungen den unterschiedlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten entsprechend unregelmäßig variieren.
Während Munsell der Übersichtlichkeit halber seine "Farb-Blätter" rechtwinklig unterteilte, liegt der MIT-Adaption kein einheitliches Raster mehr zugrunde. Die Abstände aller Farben zueinander werden nur durch die visuelle Empfindung bestimmt. So kann der Mensch im hellen Gelbbereich viel mehr Unterscheidungen treffen als im dunklen Gelb. Umgekehrt lassen sich dunklere Blautöne feiner trennen als helle. Der daraus resultierende nierenförmige Farbraum wird als "Tulpe" bezeichnet.
Bei der Farbwahl nimmt der Anwender sämtliche Änderungen in visuell gleichmäßig empfundenen Schritten vor. Dem Benutzer wird eine Farborientierung in Begriffen wie "strahlender, aber nicht heller" oder "grauer, aber nicht dunkler und etwas gelber" an die Hand gegeben. Die schwierige Aufgabe, hieraus die nötigen Korrekturen zur realen Darstellung der gewünschten Farbe zu interpretieren, wird allein dem Computer überlassen. Um dies ausgabeunabhängig zu gewährleisten, kommen wiederum Erkenntnisse aus dem CIE-LUV-System zur Anwendung, wovon der Anwender allerdings völlig unberührt bleibt.
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